Forschung zum präventiven Waldbrandschutz

In den letzten Jahren gab es imer wieder großflächige Waldbrände in Deutschland. Doch das Jahr 2022 wurde in den Medien als „Rekordjahr“ definiert. Aber stimmt das? Tatsächlich war der letzte Sommer heiß und trocken – in Deutschland und Europa. Das begünstigte die Entstehung von zahlreichen Waldbränden – klein wie groß. Entgegen der medialen Botschaft ordnete sich 2022 als weitgehend durchschnittliches Waldbrandjahr ein. Denn rund 75 % der Waldbrände sind Bodenfeuer und damit gut beherrschbar und vor allem löschbar. Dennoch gilt es jeden Waldbrand zu vermeiden, denn sie belasten Ökosysteme, die Umwelt und das Klima. Werden die Sommer zukünftig trockner und heißer, dann werden auch Waldbrände wahrscheinlicher. Den Umgang damit müssen wir lernen wir, das gilt für: die Waldbrandprävention ebenso wie für die Feuerbekämpfung und, aber auch für die Vernetzung und Austausch, damit alle Beteiligten Hand in Hand arbeiten.  

Waldbrände in Deutschland werden fast ausschließlich durch Menschen verursacht, vorrangig durch vorsätzliche Brandstiftung aber mitunter auch beispielsweise durch weggeworfene Zigaretten, Glutreste von Grillkohle oder Funkenschlag durch Lagerfeuer. Die meisten Waldbrände können meist schnell und effektiv gelöscht werden, sodass keine größeren ökosystemaren Schäden entstehen. Nur selten und unter besonderen Bedingungen kommt es zu Waldbrandkatastrophen. Zu den besonderen Bedingungen, unter denen größere Brände entstehen, zählen Munitionsverdachtsflächen, Bergbaufolgelandschaften, Gebiete mit Brennstoffanreicherungen (z. B. Kohlestaub) oder topografisch schwer erreichbare Wälder.

War 2022 ein „Rekordjahr“ mit „Waldbrandsommer“?

Laut Medienberichten wurden im „Waldbrandsommer“ 2022 bis August etwa 4.300 Hektar Wald bei Großbränden zerstört. Sollte diese Schätzung korrekt sein, wäre dies ein bedrückender Rekord seit 1975. Die offiziellen Zahlen werden im Juni 2023 durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht. Sicher ist, dass die Brände Schäden in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro verursachten. Dazu kommt die Zerstörung von Ökosystemen und ein immenser Verlust von kohlenstoffspeichernder Biomasse. Es braucht Jahrzehnte bis Jahrhunderte, bis ein abgebrannter Wald wieder zu einem naturnahen Ökosystem heranwächst. Erst dann kann er wieder signifikant zum Klimaschutz und zur Artenvielfalt beitragen oder als Erholungsgebiet beziehungsweise Rohstoffquelle dienen.
Nach einem UN-Bericht werden extrem heiße und trockene Sommer in Deutschland zunehmen. Das begünstigt Waldbrände, denn das ausgedörrte organische Material ist sehr feuerempfindlich. Nach Berechnungen des UN-Umweltprogramms (UNEP), werden Waldbrände häufiger, stärker und gefährlicher werden – inwieweit dies auch auf Deutschland zutreffen wird, ist indes unbekannt.

Wären wir in Deutschland auf diese Entwicklung gut vorbereitet? Hier gehen die Meinungen auseinander. Während Dr. Michael Müller, Professor für Waldschutz an der TU Dresden, bestätigt, dass Einsatzkräfte in Deutschland gut ausgebildet und ausgerüstet sind, sodass 99 % aller Waldbrände innerhalb von 2 Stunden eingedämmt und unter einer Brandfläche von einem Hektar gehalten werden.  Fällt das Urteil von Alexander Held,  Waldbrandexperte und Forstwissenschaftler, nüchterner aus. Er würde dem Deutschen Waldbrandschutz Brandschutz nur mit einer Schulnote von 4 bis 4- bewerten. Eben diese Debatten sind nötig, damit Diskurse eröffnet, Forschung vorangetrieben und neues Wissen generiert wird.

Waldbrandschutz ist ein Handwerk, das man erlernen muss

In Deutschland gab es in der ersten Hälfte des 20. Jh. und bis in die 1970er Jahre mehr großflächige Waldbrände als heute. Die Feuerwehren in Deutschland sind traditionell eher auf Brände in Siedlungsgebieten vorbereitet, für Flächenbrände in der Natur fehlt es an Erfahrung und Ausbildung. Außerhalb von Kiefernwäldern, also in Wäldern mit Fichten, Eichen oder Buchen gibt es eine ungenügende Vorlaufforschung, um das das Verhalten von Feuern in Abhängigkeit vom Brennmaterial einzuschätzen. In diesen Fällen ist es wichtig von den Erfahrungen internationaler Expertinnen und Experten zu lernen. Die Waldbrandforschung sieht im stetigen Austausch einen wichtigen Ansatzpunkt, um die Waldbrandprävention und Waldbrandbekämpfung in Deutschland zu verbessern.

Löschen ist gut, Vorbeugen ist besser

Expertinnen und Experten in der Waldbrandforschung betonen immer wieder, dass die Kooperation, Koordination und Kommunikation zwischen Waldverwaltungen, Waldbetrieben und Feuerwehren ein zentrales Anliegen ihrer Projekte darstellt. Denn bei allen feuerwehrtechnischen Lösungen gilt immer: Ein Waldbrand, der gar nicht erst entsteht, oder sich nicht großflächig ausbreiten kann, sollte das vorrangige Ziel aller Waldbrandschutzmaßnahmen sein. Dabei geht es in der Forschung nicht nur um strategisch geschickt platzierte Löschwasserentnahmestellen oder Wegenetzte. Kernziel eines biologisch-ökologischen Forschungsansatzes ist der Waldumbau durch klimaresistente Bäume oder waldwirtschaftliche Maßnahmen wie die Errichtung von Waldbrandriegeln. Hierbei werden Möglichkeiten erforscht, unsere Wälder als Ökosysteme so zu gestalten, dass sie weniger brandempfänglich brandhemmend werden.

Mensch versus Maschine: Die öffentliche Debatte 

Inzwischen haben Medien und Politik die Gefahr durch Waldbrände aufgegriffen. Eine öffentliche Debatte über Gegenmaßnahmen hat begonnen. Hierbei wird viel über vermeintlich einfache, technische Lösungen diskutiert, wie: „Löschhubschrauber anschaffen = Problem gelöst“. So einfach ist es aber nicht. Die Waldbrandforschung möchte daher die Öffentlichkeit umfassender über das komplexe Gefüge aus vorbeugenden Maßnahmen und Feuerwehreinsatz informieren. Man muss nur wissen, welche Maßnahmen und Instrumente in welchen Situationen wirklich hilfreich sind und diese dann gezielt einsetzen. Für Expertinnen und Experten liegt der Schlüssel in naturnaher Waldbewirtschaftung. Und wenn eine Bevölkerung über diese komplexen Zusammenhängen Bescheid weiß, kann dies enorme Auswirkungen auf politische Entscheidungen haben.


Wald- und Klimaschutz im Rahmen des Waldklimafonds
Der Waldklimafonds ist ein nationales Programm mit der Aufgabe, „[dass] Potenzial von Wäldern und der Holzverwendung für den Klimaschutz auszubauen und die Anpassung der Wälder an den Klimawandel zu unterstützen“. Getragen wird das Förderprogramm vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und dem Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Der Waldklimafonds fördert dabei auch Forschungsprojekte zur Waldbrandprävention.

Das THOR-Waldbrandschutzprojekt und Waldbrand Klima Resilienz (WKR) sind zwei Forschungsprojekte, die im Rahmen des Waldklimafonds gefördert und hier stellvertretend für viele weitere Projekte vorgestellt werden.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

THOR-Waldbrandschutzprojekt

Dieses Forschungsprojekt wird bei der Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern und der Technische Universität Dresden an der Professur für Waldschutz umgesetzt. Ziel von THOR ist es, Präventions- und Nachsorgestrategien zum Schutz der Wälder gegen Waldbrände zu erforschen und umzusetzen, und ihr Wissen an wichtige Zielgruppen weiterzugeben. Forschung und Lehre gehen dabei Hand in Hand.

Einbau einer Zisterne mit etwa 80.000 Litern Löschwasser

Waldbrandnachsorge: Übung zur Sicherung einer Fläche mit Handgeräten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Konkrete Arbeitsbereiche von THOR sind:

  • Waldbauliche Waldbrandprävention: Schutzelemente wie Löschwasserentnahmestellen, Wundstreifen und Schutzstreifen, Waldbrandriegelsysteme, Waldbrandfrüherkennungssystem oder Waldbrandeinsatzkarten
  • Lösungen für munitionsbelastete Wälder auf ehemaligen militärischen Übungsplätzen
  • Einsatzmöglichkeiten von kontrolliertem Feuereinsatz wie präventives Brennen zur Reduzierung von potentiellem Brennmaterial im Wald
  • Waldbrandnachsorge: Maßnahmen nach einem Brand, die sicherstellen sollen, dass keine verborgenden Glutnester zu einem Wiederaufflammen von Waldbränden führen
  • Wissenstransfer durch Kooperation zwischen Forstverwaltung, Waldwirtschaft, Feuerwehren, Munitionsbergungsdienst und weiteren Fachexperten

 


Waldbrand Klima Resilienz (WKR)

Das WKR-Projekt arbeitet in engem Verbund mit nationalen und internationalen Wald- und Waldbrand-Expertinnen und Experten. Ziel dabei ist der fachliche Austausch und die Vergleichbarkeit mit international anerkannten Praktiken und Standards.

Waldbrandvorsorge mit der Feuerwehr: Mulchraupe im Einsatz zur Reduktion von Brandlast

Prototyp eines mobilen Löschmoduls für Nachlöscharbeiten oder Kontrollfahrten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das WKR-Forschungsprojekt definiert sieben „Arbeitspakete“:

  • Ausbildungsmodule für Feuerwehren
    Internationale Taktiken und Techniken der Waldbrandbekämpfung für Feuerwehren, Landkreise, Behörden und Waldbesitzer.
  • Ausbildungsmodule für den präventiven Waldbau
    Konzepte, Möglichkeiten und Techniken, die die Brennbarkeit der Wälder reduzieren, die Schäden begrenzen und die Bekämpfung ungewollter Feuer erleichtern.
  • Exchange of Experts
    Feuermanagement in Europa: Internationale Austausche zu Waldbrandprävention, zum Beispiel in Frankreich, Portugal, Sardinien, Kroatien und Polen.
  • Erarbeitung einer internationalen Waldbrandstrategie
    Rahmen und Aspekte aufzeigen, wie die Bundesländer konkrete Maßnahmen umsetzen können.
  • Fachempfehlungen für Politik und Entscheidungsträger​
    Lehrmaterialien, Empfehlungen und Wissensvermittlung zur Schaffung politischer Rahmenbedingungen.
  • Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung
    Öffentlichkeitsarbeit, um das Verständnis für ein inklusives Feuermanagement zu fördern.
  • Einrichtung von Demonstrationsflächen und Trainings
    Übungen in verschiedenen Waldtypen, um konkrete Anwendungen, Schulungen und Taktiken des Feuermanagements durchzuführen.

 


Weiterführende Literatur
  • Müller, M. (2019): Waldbrände in Deutschland, Teil 1. AFZ-DerWald 74 (18): 27-31.
  • Müller, M. (2020): Waldbrände in Deutschland – Teil 2. AFZ-DerWald 75 (1): 29-33.
  • Müller, M. (2020): Waldbrände in Deutschland – Teil 3. AFZ-DerWald 75 (23): 42-46.
  • Bentele, M.; Radtke, R.; Schröder, J.; Müller, M. (2023): Waldbrandvorbeugung durch Anlegen von Waldstrukturen. AFZ – DerWald (1): 28-33.

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieser Text ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Autor: Jens Hepper für brennpunkt-wald.de, Redaktion: Stefanie Pietzsch, Tabea Schwinn